Temperaturtrends in Kalamata und Umgebung seit 1900
Mit Hilfe der Daten des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (European Centre for Medium-Range Weather Forecasts) haben wir 118 Jahre Wetterdaten in und um die Stadt Kalamata analysiert. Das untersuchte Gebiet umfasst auch die Umgebung von Kalamata, zu der auch Berge oder Gewässer gehören können, so dass die hier gezeigten Temperaturen nicht genau den von den Wetterstationen von Kalamata erfassten Temperaturen entsprechen (siehe Methodik für Details). Das haben wir herausgefunden:
- In und um Kalamata lag die Temperatur in den Jahren zwischen 2000 und 2018 um 1 °C über dem Durchschnitt des 20. Jahrhunderts.
- Die Zahl der heißen Tage (im 24-Stunden-Schnitt über 29 °C) entwickelte sich von 0,4 Tagen pro Jahr im 20. Jahrhundert zu 4,4 Tagen pro Jahr seit 2000.
- Die Zahl der Frosttage (im 24-Stunden-Schnitt unter -1 °C) ging von 0,2 Tagen pro Jahr im 20. Jahrhundert auf 0,2 Tage pro Jahr seit 2000.
Wetterveränderungen
Temperaturänderungen
Die Durchschnittstemperatur in Kalamata ist gestiegen von 15,5 °C zwischen den Jahren 1900 und 1999 auf 16,5 °C zwischen den Jahren 2000 und 2018. Die wärmsten Jahre waren 2010, 2018, 2016, 2013 und 2007.
Heiße Tage
Im 20. Jahrhundert gab es durchschnittlich 0,4 heiße Tage im Jahr (Tage, an denen die Temperatur im 24-Stunden-Schnitt über 29 °C lag). In den Jahren 2000 bis 2018 lag die Zahl der heißen Tage bei durchschnittlich 4,4 pro Jahr.
Ein Tag gilt an einem Ort dann als heiß, wenn die Durchschnittstemperatur deutlich über den ortsüblichen Temperaturen liegt.
Frosttage
Im 20. Jahrhundert blieb die Temperatur an durchschnittlich 0,2 Tagen pro Jahr unter -1 °C. Daran hat sich seit dem Jahr 2000 nicht viel geändert, sodass Kalamata und seine Umgebung eines der wenigen Gebiete ist, in der die Zahl kalten Tage nicht gesunken ist.
Was bedeutet das für Kalamata?
Gesundheit
Höhere Temperaturen führen zu einer höheren Sterblichkeit. An der Hitzewelle im Juli und August 2003 starben nach Angaben der US-amerikanischen Umweltorganisation Earth Policy Institute mehr als 52.000 Menschen in Europa (Larsen, 2006). Besonders gefährdet sind ältere Menschen und Kleinkinder.
Steigende Temperaturen könnten unter Umständen auch dazu führen, dass die Zahl von Kälteopfern sinkt.
Infrastruktur
Bei hohen Temperaturen beginnt Asphalt, der der Sonne ausgesetzt ist, zu erweichen. Das kann Staus verursachen, einige Straßen müssen für den Verkehr gesperrt werden.
Bei mehr als 30 °C können Schienen, die der Sonne ausgesetzt sind, bewegen oder verbiegen. Das kann dazu führen, dass Züge entgleisen, wie es in Europa schon öfter passiert ist. Zugführer können gezwungen sein, langsamer zu fahren, was wiederum zu Verspätungen führt.
Zecken- und Mückenkrankheiten
Frühsommer-Meningoenzephalitis und in jüngster Zeit die Ehrlichiose haben sich in den vergangenen Jahrzehnten wahrscheinlich aufgrund höherer Temperaturen ausgebreitet (Gray et al., 2009).
Das Denguefieber, das von den Mücken Aedes aegypti und Aedes albopictus übertragen wird, hat sich in den vergangenen zehn Jahren nach Norden ausgebreitet, mit Epidemien in Portugal im Jahr 2012 und in Japan im Jahr 2014 (Zeller et al., 2013). Der Mittelmeerraum ist am stärksten gefährdet.
Bildung
Forscher haben gezeigt, dass bei einem Anstieg der Tagesdurchschnittstemperatur auf über 22 °C die kognitiven Fähigkeiten von Schulkindern abnehmen, insbesondere in der Mathematik (Graff Zivin et al., 2018).
In Kalamata entwickelte sich die Anzahl der Schultage mit Temperaturen über 22 °C von durchschnittlich 13,9 pro Schuljahr im 20. Jahrhundert auf 17,6 Schultage im Jahr seit 2000. Das mag nicht viel erscheinen, aber wenn an diesen Tagen Prüfungen stattfanden, waren die Schüler der Stadt benachteiligt.
Kalamata und Umgebung im Kontext
Städte in Griechenland
Kalamata ist eines der sieben Gebiete in Griechenland, die wir untersucht haben. So haben sich die Temperaturen an anderen Orten entwickelt:
Gebiet | Temperaturänderung |
---|---|
Thessaloniki | +1,2 |
Kavala | +1,2 |
Athen | +1,1 |
Larisa | +1,1 |
Volos | +1,0 |
Kalamata | +1,0 |
Ioannina | +0,9 |
Methodik
Für unsere Analyse haben wir haben zwei Datensätze des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW) genutzt: den Datensatz ERA-20C für den Zeitraum von 1900 bis 1979 und den Datensatz ERA-interim für den Zeitraum von 1979 bis 2018.
Bei beiden Datensätzen handelt es sich um Reanalysen, das heißt die EZMW-Wissenschaftler haben Beobachtungen aus verschiedenen Quellen genutzt (Satelliten, Wetterstationen, Bojen, Wetterballons), um eine Reihe von Variablen für Quadrate von etwa 80 Kilometern Seitenbreite (125 km für ERA-20C) zu berechnen. Während Wetterstationen eine viel bessere Aufzeichnung für tägliche Beobachtungen bieten, ist die Verwendung der EZMW-Reanalysen für die Untersuchung langfristiger Trends besser geeignet. Wetterstationen können umziehen, eine Stadt kann sich ausdehnen – das kann die Vergleichbarkeit von Messdaten beim Erstellen von hundertjährigen Trends einschränken. Allerdings berücksichtigen die EZMW-Daten keine Mikroklimata oder "Wärmeinsel"-Effekte, sodass das tatsächliche Wetter in den Straßen von Kalamata wahrscheinlich ein bis zwei Grad wärmer war als die hier angegebenen Werte (der Trend ist jedoch derselbe).
Seit Beginn dieses Projekts hat das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW) das Verfahren zur Berechnung historischer Temperaturen angepasst, um bessere Schätzungen zu erhalten, z. Bsp. für Küstenstädte . Aus diesem Grund können einige der hier im Jahr 2019 veröffentlichten Zahlen leicht von den im Jahr 2018 veröffentlichten Zahlen abweichen.
Dieser Artikel ist im Rahmen des European Data Journalism Network entstanden. Partner sind OBC Transeuropa (Italien), J++ (Schweden), Vox Europe (Frankreich), SPIEGEL ONLINE (Deutschland), Pod Crto (Slowenien), Mobile Reporter (Belgien), Rue89 (Frankreich), Alternatives Economiques (Frankreich) und El Confidencial (Spanien).
Einzelnachweise
de’Donato, Francesca K., et al. "Changes in the effect of heat on mortality in the last 20 years in nine European cities. Results from the PHASE project." International journal of environmental research and public health 12.12 (2015): 15567-15583.
Dee, D. P., Uppala, S. M., Simmons, A. J., Berrisford, P., Poli, P., Kobayashi, S., Andrae, U., Balmaseda, M. A., Balsamo, G., Bauer, P., Bechtold, P., Beljaars, A. C. M., van de Berg, L., Bidlot, J., Bormann, N., Delsol, C., Dragani, R., Fuentes, M., Geer, A. J., Haimberger, L., Healy, S. B., Hersbach, H., Hólm, E. V., Isaksen, L., Kållberg, P., Köhler, M., Matricardi, M., McNally, A. P., Monge-Sanz, B. M., Morcrette, J.-J., Park, B.-K., Peubey, C., de Rosnay, P., Tavolato, C., Thépaut, J.-N. and Vitart, F. (2011), The ERA-Interim reanalysis: configuration and performance of the data assimilation system. Q.J.R. Meteorol. Soc., 137: 553–597. doi: 10.1002/qj.828
Graff Zivin, Joshua, Solomon M. Hsiang, and Matthew Neidell. "Temperature and Human Capital in the Short and Long Run." Journal of the Association of Environmental and Resource Economists 5.1 (2018): 77-105.
Gray, J. S., et al. "Effects of climate change on ticks and tick-borne diseases in Europe." Interdisciplinary perspectives on infectious diseases (2009).
Laloyaux, P., Balmaseda, M., Dee, D., Mogensen, K. and Janssen, P. (2016), A coupled data assimilation system for climate reanalysis. Q.J.R. Meteorol. Soc., 142: 65-78. doi:10.1002/qj.2629
Larsen, Janet. "Plan B Updates", Earth Policy Institute, 28 July 2006.
Michailidou, Alexandra V., Christos Vlachokostas, and Νicolas Moussiopoulos. "Interactions between climate change and the tourism sector: Multiple-criteria decision analysis to assess mitigation and adaptation options in tourism areas." Tourism Management 55 (2016): 1-12.
Scott, D., and Chr Lemieux. "Weather and climate information for tourism." Procedia Environmental Sciences 1 (2010): 146-183.
Zeller, H., et al. "Mosquito‐borne disease surveillance by the European Centre for Disease Prevention and Control." Clinical microbiology and infection 19.8 (2013): 693-698.